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Otto Raupp

*1867 in Schwörstadt-Dossenbach, + 1945 in Freiburg,
Theologe, Mundartdichter, Maler, Musiker und Heimatforscher,

lebte und arbeitete als evangelischer Pfarrer von 1899 bis 1919 in Mundingen.

Der Pfarrer Otto Raupp

Im Archiv der Evangelischen Landeskirche in Karlsruhe findet sich der umfangreiche Nachlass von Otto Raupp. Mit Genehmigung der Landeskirche erfolgt hier ein Auszug aus dem Vorwort [Landeskirchliches Archiv Karlsruhe, Bestand 150]:

Biografie

Otto Heinrich Raupp wurde am 25. Mai 1867 als Sohn des Pfarrerehepaares Adolf Raupp und Elisabeth, geb. Mayer in Schwörstadt-Dossenbach im Kirchenbezirk Schopfheim geboren. Er studierte in Jena und Heidelberg Evangelische Theologie und wurde 1888 unter die Kandidaten der Evangelischen Landeskirche aufgenommen. Nach bestandener theologischer Vorprüfung im Jahr 1888 und abgelegter theologischer Hauptprüfung des Jahres 1889 folgte das Vikariat in Eberbach (1889), Berwangen (1890), Müllheim (1891), Freiburg (1892) und Mannheim (1894). 1898 wurde er Pfarrverwalter in Auggen und am 8. Januar 1899 in sein Amt als Pfarrer der Gemeinde Mundingen eingeführt. 1907 folgte die Wahl zum Dekan des Kirchenbezirkes Emmendingen. Ab dem 1. November 1919 war Otto Raupp Pfarrer in Denzlingen und seit 1919 weitere 6 Jahre Dekan der Diözese Emmendingen. 1909-1920 war Otto Raupp Mitglied der Generalsynode. Am 11. November 1927 erfolgte in Anerkennung der langjährigen Tätigkeit im geistlichen Amt und als Dekan des Kirchenbezirks Emmendingen die Ernennung zum Kirchenrat. 1925 wurde Otto Raupp nochmals für weitere 6 Jahre zum Dekan des Kirchenbezirkes Emmendingen bestätigt. Am 1. August 1938 wurde Otto Raupp in den Ruhestand versetzt, er verstarb am 2. November 1945 in Freiburg (im Breisgau).

Otto Raupp war in der Landeskirche durch viele theologische Vorträge bekannt, aber auch als Dichter, Maler, Musiker und Heimatforscher ist er hervorgetreten in den Gemeinden, in denen er Seelsorger war. Im Heimathaus in Denzlingen gibt es eine Otto-Raupp-Stube, die mit Ausstellungsstücken an Otto Raupp erinnert. Auch die „Otto-Raupp-Förderschule“ wurde nach dem ehemaligen Ortsgeistlichen benannt. Seit dem 21. Lebensjahr war Otto Raupp Mitherausgeber der Zeitschrift „Kirche“1 und theologischer Mitarbeiter verschiedener politischer und theologischer Zeitschriften und Sammlungen. Außerdem arbeitete er für die Nationalliberale Korrespondenz.2 Ferner wird die Veröffentlichung von zwei Bändchen alemannischer Gedichte und ein Büchlein mit alemannischer Prosa erwähnt, ein Gedichtbändchen (Hochdeutsch), ein Band mit Gebeten für Kranke, sowie Weihnachts- und Erntefeiern für Kinder. Von Otto Raupp stammen drei kleine evangelische Volksschriften. Im Jahr 1902 erhielt Otto Raupp die badische Jubiläumsmedaille und am 9. September wurde er mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet

Wirken

In seinem Lebenslauf vom 20.09.18853 schreibt Otto Raupp als Abiturient über seine Herkunft aus dem Markgräflerland, wo er die ersten 11 Lebensjahre ganz Egringer Junge war, da sein Vater, Adolf Karl Max Friedrich Raupp, seit 1867 hier Pfarrer war. Er entstammt einem Pfarrergeschlecht, mit ihm in der fünften Generation als badischer Pfarrer.4 Im April 1893 machte der junge Vikar in Freiburg Schlagzeilen, als er im Zusammenhang mit der Auslegung der Geschichte vom ungläubigen Thomas behauptet habe, Jesus sei ja gar nicht Gott, sondern Mensch gewesen. Damit verstieß er gegen Schrift und Bekenntnis.

Dieser liberal-idealistische Zug Raupps zieht sich durch sein Leben hindurch; so bringt er im Jubeljahr der Augsburger Konfession 1930 seine Bedenken gegenüber einer „Bluttheologie“ zum Ausdruck und sieht den Christen in eine „höhere Ordnung des Geistes“ aufgenommen.

Gerade im Spannungsfeld theologischer Kontroversen und zeitgeistiger Strömungen versucht Raupp seinen eigenen Weg zu finden, indem er in theologischen Exposés und Vorträgen drängende Fragen seiner Zeit, z. B. den Darwinismus eines Ernst August Häckel oder das Christusbild eines norddeutschen Gustav Frenssen aufnimmt und eine Antwort zu geben versucht.5 Als Dekan des Kirchenbezirkes Emmendingen wurde er auch mit kirchlichen Gegenströmungen konfrontiert. Vielleicht ist das „persönliche Bekenntnis“ der theologischen Ausarbeitung über das Thema „Einfaches Christentum“ eine Antwort auf die „sektiererischen“6 Vorgänge, wie sie in dem Brief des amtierenden Eichstetter Pfarrers Karl Albrecht Ludwig vom 6. Juni 1911 geschildert werden. Ein Verdienst von Otto Raupp ist zweifelsohne sein Bemühen, Zeitfragen nicht zu verdrängen, sondern diese aufzunehmen und diese in seinem Sinne theologisch zu bearbeiten.7

Ein großer Schatz für die Gemeindearbeit vor Ort ist das dichterische Schaffen Otto Raupps, durch welches er besonders für Feiertage, z. B. Erntedank- oder Weihnachtsfeiern mit Familien, unzählige Anspiele und Vortragsstücke für Kinder geschaffen hat. Ein Schatz, der heute noch für die Gemeindearbeit fruchtbar gemacht werden könnte. Besonders bei den Erntedankgedichten spürt man seine Verbindung zum ländlichen Raum, wo das Erntedankfest bis zum heutigen Tage eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt.

Seine Verbundenheit mit der alemannischen Heimat ließ Otto Raupp zu einem Denzlinger Heimatforscher werden.8

Weit über 100 Bilder, Zeichnungen und Skizzen stammen von ihm.9 Auf der Rückseite des Berichtes zur Visitation in Eichstetten vom 23. Okt. 1917 befindet sich eine „bescheidene Skizze“ (16,5cm x 10,5cm) mit Farbstiften, mit der Signatur „fec. Otto Raupp 21.X.17“ vom Eingang des neuen Friedhofes, der am Ende der Visitation besucht wurde.10

Otto Raupp war auch Musiker und Komponist. Er hat in dem Verzeichnis, das er von 1889 bis 1916 führte, 46 Werke aufgelistet, die heute allerdings nur noch teilweise zugänglich sind. Es waren Sätze für die Chöre seiner Gemeinde. 1907, als Otto Raupp Dekan in Mundingen war, entstand das Werk mit großer Vokalbesetzung: „Ich lebe und ihr sollt leben“. Bei der Uraufführung nahm jedes Gemeindeglied teil, das singen konnte.11 Es entstanden aber auch Wander- und Naturlieder. Orgelpräludien und Phantasien entspringen vielleicht dem Bedürfnis, dem Gemeindeorganisten leicht spielbare Stücke anzubieten.

Durch sein künstlerisches, musikalisches und heimatkundliches Wirken hat Otto Raupp das kulturelle Leben der Gemeinde entscheidend mitgeprägt.

Fußnoten

1 Gemeint ist wohl: Die Kirche. Evangelisch protestantisches Sonntagsblatt; Heidelberg.
2 Die Nationalliberale Korrespondenz war ein seit 1874 in Berlin täglich erscheinender Informationsdienst der Nationalliberalen Partei, welcher den Zeitungen zuging. Herausgeber war Rudolf Grosse
3 Quelle: Lebenslauf von Otto Raupp, Archiv des Heimatvereins Denzlingen; Übertragung des handschriftlichen Lebenslaufes von Hartmut Nübling.
4 Siehe Heinrich Neu, Pfarrerbuch Bd. II, S. 473f
5 Ernst Heinrich Philipp August Haeckel (1834-1919) war Zoologe, Philosoph und Freidenker, Arzt und Professor für vergleichende Anatomie und hat die Begriffe Biologie, Stamm, Ökologie wesentlich geprägt. Durch seine Forderung Politik sei angewandte Biologie, war er für die Verbreitung der Evolutionslehre des Charles Darwin in Deutschland verantwortlich und war somit zugleich Wegbereiter der Eugenik und Rassenhygiene des Na-tionalsozialismus. Am 11. Januar 1906 gründete er den Deutschen Monistenbund, der am 16. Dezember 1933 durch die Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Er vollzog einen Bruch mit Kirche und Christentum und forderte 1877 eine naturwissenschaftliche Ausrichtung der Volksschule und eine Abschaffung des Religionsunterrichtes und trat später aus der Kirche aus. – Gustav Frenssen (1863-1945) war ein bedeutender Schriftsteller, Theologe und Pastor, der den Nationalsozialismus unterstützte, indem er ab 1938 die Ausgrenzung der Juden befürwortete und für die Euthanasie eintrat.
6 Vgl. den Bericht des Pfarramtes Eichstetten für die auf den 29. Okt. 1911 anberaumte Kirchenvisitation, wo von einer „sektiererischen Gemeinschaft“ die Rede ist. Separatistische Tendenzen führten zu Konflikten, Feindseligkeiten und Abspaltungen innerhalb der Gemeinde, die zum Bau eigener Versammlungsräume und sogar zum Bau einer von der Kirchengemeinde unabhängigen Kindertagesstätte führten.
7 Immer wieder spricht er in seinen Ausarbeitungen und Vorträgen vom „Kampf“, was auch ein Licht auf die Zeit zweier Weltkriege wirft, in welcher Otto Raupp lebte.
8 Vgl. Dieter Ohmberger: Otto Raupp, der Heimatforscher, in: Denzlingen Vergangenheit Gegenwart Zukunft; Heft 2, Jahrg. 1976, S. 12f.
9 Vgl. Theodor Zeller: Otto Raupp, der Maler, in: Denzlingen Vergangenheit Gegenwart Zukunft; Heft 2, Jahrg. 1976, S. 8f.
10 Vgl. LKA SpA 10223, Eichstetten.
11 Nach Stefan Ammer sind nur noch einzelne Teile von diesem Werk vorhanden. Vgl. Stefan Ammer: Otto Raupp, der Musiker, in: Denzlingen Vergangenheit Gegenwart Zukunft; Heft 2, Jahrg. 1976, S. 10f.

Kirchliche Schriften von Otto Raupp

– Raupp, Otto: 4 geistliche Lieder
– Raupp, Otto: Kinderweihnachtsfeier. Ehre sei Gott in der Höhe! Heidelberg 1906
– Raupp, Otto: Weihnachtspiel für Kinder. Neuer Friede, Heidelberg 1912
– Raupp, Otto: Von der erlösenden Gottesgnade. Kinderweihnachtsfeier, Heidelberg
– Raupp, Otto: Nun singet und seid froh! Eine Kinderweihnachtsfeier, Heidelberg
– Raupp, Otto; Dekan in Mundingen: Kinder-Weihnachtsfeier. Es soll allen geholfen werden, Heidelberg
– Raupp, Otto; Dekan in Mundingen: Kinder-Erntefeier. Du sollst den Herrn, deinen Gott, loben, Heidelberg
– Raupp, Otto; Dekan in Mundingen: Kinder-Erntefeier. Die Erde ist voll deiner Güte, Heidelberg
– Raupp, Otto; Kirchenrat: Lobpreis der Garben. Kindererntefeier von Otto Raupp, Denzlingen 1933

Quelle: https://www.archiv-ekiba.de/media/download/variant/65652/findbuch-150.008-raupp–otto-150.008.pdf

Otto Raupp auf alemannisch

Otto Raupp hat mehrere Bändchen mit alemannischen Gedichten herausgegeben. Sein Alemannisch ist geprägt von seiner Schulzeit in Egringen und Lörrach.
https://als.wikipedia.org/wiki/Otto_Heinrich_Raupp
https://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-01/0165?sid=c40532ee3c8d9c443b55293ffe6af21e

Otto Raupp in Denzlingen

In Denzlingen, wo Otto Raupp von 1919 bis 1938 Pfarrer war, trägt ein Schulgebäude seinen Namen, im dortigen Heimatmuseum ist Otto Raupp ein eigener Raum, auch mit Ausstellung seiner bildnerischen Werke, gewidmet.
https://www.hugv-denzlingen.de/hugv_otto_raupp_stube.html

Otto Raupp in Mundingen

In „Mundingen, Geschichte der Gemeinde 1860-1974“ finden Sie eine Darstellung vom Leben und Wirken des Pfarrers Otto Raupp in Mundingen. Die Ortschronik von Hans Wägner, 1981 im Verlag Kniebühler-Druck, Teningen erschienen, steht in der Stadtbibliothek Emmendingen, Sachliteratur Signatur Dek Wägn. Sie kann auch bei der Ortschaftsverwaltung Mundingen für 14 € erworben werden.

Friedrich-Mößner-Straße Richtung Rathaus
Das Pfarrhaus 1990 auf einer Postkarte. Der Text lautet: Wir sitzen in der Sonne, in einer großen Wonne beim guten kühlen Wein, wir wollten sie könnten bei uns sein. Viele Grüße von deinem Bruder Albert Viele Grüße von der Hochzeitsgesellschaft: Wilh. Gebhardt und Frau A. Schieler, F. Schieler Hochzeitvater Gebhardt; Hochzeitvater Schieler (Anmerkung: Die Ansichtskarte stammt von der Hochzeit von Wilhelm Gebhardt und Anna Maria Schieler am 23.05.1901)

Otto Raupp als Straßenpatron

In der Emmendinger Ortschaft Mundingen wurde 1992/93 das Baugebiet Hegeweg/Spitzacker um eine Straße mit 32 Grundstücken erweitert. Entsprechend dem Vorschlag des Ortschaftsrats wurde sie nach Otto Raupp benannt.

Das Projekt der Anwohner 2024

Rund 30 Jahre nach der Bebauung der Otto-Raupp-Straße bildete sich unter den Anwohnern eine Initiative, um den Namensgeber und seine Werke wieder bekannt zu machen. Ziel war ferner, die Heimatgeschichte zu beleben und die Identifikation der Mundinger mit ihrem Ort zu fördern. Dazu dienen, neben einem neuen Straßennamensschild mit seinen Lebensdaten, an den Laternenmasten angebrachte Tafeln mit alemannischen Gedichten von Otto Raupp. Die beiden Straßennamensschilder sind aus städtischen Ortsverfügungsmittel finanziert. Die Gedichte-Tafeln wurden aus Spenden der Anwohner bezahlt und mit Genehmigung der Stadtwerke Emmendingen angebracht. Die Übertragung ins Hochdeutsche erfolgte mit Unterstützung der Muettersprochgsellschaft.
https://www.alemannisch.de/

Wenn Sie wollen, dass das Otto-Raupp-Projekt sich weiterentwickelt, z. B. mit Audio-Dateien, freuen wir uns über jede Spende. Gerne nehmen diese Herr Pleuler, Otto-Raupp-Str. 11, oder Frau Nunn, Otto-Raupp-Str. 7, entgegen.

Fotos von Otto Raupp